Auf dem Weg zum Bürgerkrieg?

Vor mehr als 20 Jahren erschien im Fischer Verlag ein Band mit dem gleichnamigen Titel. Der Untertitel lautet „Rechtsextemismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland“. Das Schlusskapitel umfasst eine Chronik rechtsextremer Gewalt von 1990 bis Ende 2000. In der Einleitung konstatiert die Verfasserin Claudia Curio, dass der Rechtsextremismus seit der Wiedervereinigung drastisch an Bedeutung gewonnen hat. Insbesondere rechtsextremistisch motivierte Gewalt gegen Personen habe zugenommen. Bereits damals wurde konstatiert, dass rechtsextremistische Propaganda zunehmend über das Internet gestreut wird. Das Hauptaugenmerk der verschiedenen Verfasser lag auf den meist jugendlichen Tätern. Die bis dahin vergeblichen Versuche rechtsextremer Gruppierungen seit 1945 Parteien bis hin zur FDP zu unterwandern wird ebenfalls angesprochen. Das ist ja inzwischen gelungen. Berichte von ausgetretenen AFD’lern legen nahe,dass die AFD erfolgreich gekapert wurde. Auch die neuesten Berichte über die Beschäftigung von Rechtsextremen im Bundestag ist ein deutliches Zeichen. Inwischen haben die Rechtsextremen ihre Internetpräsenz ausgebaut, in sozialen Medien wie Tiktok sind sie ausgesprochen dominant.

Die Jugendlichen Gewalttäter von damals sind inzwischen längst erwachsen. Geschichtsrevisionismus, damals zentrale Strategie der Rechtsextremen, hat auch heute noch Bedeutung im Konzept der Rechtsextremen in der AFD wie Björn Höcke. Die direkte Bezugnahme der AFD-Offiziellen auf den Nationalsozialismus bewegt sich häufig in der Grauzone zwischen Volksverhetzung und Meinungsfreiheit. Das Bombardement mit menschenfeindlicher Propaganda in den sozialen Medien zeigt in den Köpfen vieler Wirkung und wird, so ist zu befürchten, verstärkt werden, sollte es keine effizienten Maßnahmen dagegen geben. Die Geschichte des Nationalsozialismus und das Grauen der Naziherrschaft ist nicht mehr präsent. Was einen großen Teil früherer Generationen immun gegen Nazipropaganda gemacht hat, verliert heute in weiten Teilen der Bevölkerung an Bedeutung. Krisen produzieren auch weiterhin Verlierer oder zumindest Furcht vor dem Abstieg, die anfällig für rechtsextreme Propaganda machen. Diese Zusammenhänge werden in dem Band „Auf dem Weg zum Bürgerkrieg?“ ebenso behandelt wie sozialpsychologische Faktoren. Das Ganze ist immer noch lesenswert.


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