Der Kampf gegen das Sozialistengesetz

Im Jahr 1978 hat die IG Metall, Abteilung Bildungswesen/Bildungspolitik das Bändchen „Der Kampf gegen das Soialistengesetz 1878 – 1890“ als Arbeitsheft 512 herausgegeben. Verfasser war Peter Scherer, damals politischer Sekretär der Abteilung. Scherer war einer der Treiber der Kampagne „Aus der Geschichte lernen“ in der IG Metall. Sein marxistischer Ansatz stieß nicht bei allen Verantwortlichen innerhalb der IG Metall auf Zustimmung. Wir haben in unserer Bibliothek das Handexemplar von Scherer mit einigen wenigen Anmerkungen und Hervorhebungen.

Gegliedert in die Phasen der 12-jährigen Unterdrückung der Arbeiterbewegung im Bismarckstaat (Verbot der SAPD und der Gewerkschaften sofern sie sozialistische Ziele verfolgten; Periode der „milden Praxis“; Periode des verstärkten Terrors). Im Anhang unter anderem eine Übersichtskarte von Scherer zu den Widerstandshandlungen zu denen auch die illegale Verbreitung der Zeitung „Sozialdemokrat“ gehörte sowie zu Repressionen wie Verhängung des Belagerugszustandes, Ausweisungen und als Folge Auswanderung.
21 Dokumente zum Thema sind in diesem Bändchen abegdruckt.

vor 140 Jahren…


Im Jahr 1881 begann die „Periode der milden Praxis“. Durch das Krankenversicherungsgesetz vom Juni 1883 wurden alle Arbeiter, ausgenommen die Landarbeiter krankenversichert. Weitere Sozialgesetze folgten: 1994 das Unfallversicherungsgesetz und 1889 die Alters- und Invalidenversicherung. Damit wollte der Bismarckstaat der Arbeiterbewegung den „Wind aus den Segeln nehmen“. Tatsächlich mißtraute ein Großteil der Arbeiterschaft dem Staat, Das Gesetz erfüllte wichtige Forderungen der Sozialdemokraten nicht: Maximalarbeitstag von 10 Stunden; Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit mit Ausnahme von Gewerken, wo das unumgänglich notwendig ist, regelmäßige Lohnzahlung am Freitag usw. Trotz des Sozialistengesetztes und der „milden Praxis“ konnten die Sozialdemokraten ihre Stimmen zur Reichstagswahl von 6,1 Prozent im Jahr 1881 auf 19,7 Prozent im Jahr 1890 steigern. Die eingerichteten Orts- und Betriebskrankenkassen fanden bei der Arbeiterschaft wenig Vertrauen. Sie stützten ihre eigene Hilfskassen, eine Art Schule der Selbstorganisation, obwohl sie auf das Drittel Arbeitgeberanteil , das ihnen in den neu geschaffenen Kassen zustand, verzichten mussten.

Auch in der Periode der verschärften Unterdrückung ab 1886 wuchsen die Gewerkschaften weiter. Die Zahl der Streiks nahm zu. Von Januar 1889 bis April 1890 streikten in Deutschland rund 400 000 Arbeiter in 1100 Kämpfen. “ Den Kern bildete der Kampf von fast 100 000 Arbeitern des Ruhrbergbaus um Lohnerhöhung, Achtstundentag, Beseitigung der Überstundenschichten und für die Zulassung von Arbeiterausschüssen. Der brutale Einsatz von Militär gegen die Streikenden forderte 7 Tote und zahlreiche Verwundete. Der Kaiser erklärte am 14. Mai 1889 einer Delegation der Ruhrbergarbeiter, er werde „alles über den Haufen schießen lassen“, sollte sich eine Verbindung zur Sozialdemokratie herausstellen.“ (S. 47)


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