Entwicklung des Streikrechts in der Bundesrepublik Deutschland

Wieder einmal oder hat es je aufgehört, sind wir gezwungen das Streikrecht zu verteidigen. Von „maßloser Streikgier“ schwadronierte der Generalsekretär der FDP Bijan Djir-Saraj nach den Streiks der GDL im Frühjahr. Jetzt legt die FDP nach. Sie hat ein Positionspapier beschlossen und fordert gesetzliche Auflagen für Gewerkschaften, die das Streikrecht von Beschäftigten bei der Bahn, im Flugverkehr, in Gesundheit und Pflege, in Feuerwehren und Müllabfuhr aushebeln soll. In letzter Konsequenz fordern sie Streiks, die keine Auswirkungen haben sollen – ein Widerspruch in sich. Die Gewerkschaften reagieren auf diese Plände scharf. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert angekündigt: „Dem stellen wir uns gewerkschaftsübergreifend entgegen“, womit er nicht nur die anderen DGB-Gewerkschaften sondern auch die GDL meint.

Mit der Novellierung des § 116 AFG hat der Gesetzgeber erstmals das Streikrecht massiv ausgehölt. Damit hat er den Arbeitgebern die Möflichkeit verschafft, die Gewerkschaften im Arbeitskampf finanziell ausbluten zu lassen. Das war nach den Streiks und Aussperrungen im Kampf um die 35-Stunden-Woche. Kalt, d.h. außerhalb des Streikgebiets Ausgesperrte, waren danach von den Leistungen nach AFG 116 ausgenommen. Selbst das Recht der Streikposten, Streikbrecher anzusprechen wurde in Frage gestellt. Das BAG ging etwa seit 1988 zu einem rein formellen Paritätsprinzip über, mit Streik und Aussperrung als völlig ebenbürtigen Kampfmaßnahmen.

Vor diesem Hintergrund hat der DGB Landesbezirk am 7. September 1989 in Mainz eine Fachtagung „40 Jahre Grundgesetz. Entwicklung des Streikrechts in der Bundesrepublik Deutschland“ durchgeführt. Mit Prof. Dr. Thomas Blanke, juristische Fakultät Oldenburg, an der Universität Oldenburg und Prof. Dr. Heribert Ostendorf zu der Zeit Generalstaatsanwalt des Landes Schleswig Holstein, waren zwei hochkarätige Juristen zum Thema eingeladen. Blankes legte die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Arbeitskampfrechtes dar. Ostendorf beleuchtete die Kriminalisierung des Streikrechts im Verlauf der deutschen Geschichte. Daneben referierten die Justitiare von DGB und HBV. Heinz Putzhammer GEW berichtete von den Erfahrungen aus den Lehrerstreiks.
Mit dem Schlusssatz von Ostendorf kann man der FDP, die sich das Freiheiten zu verteidigen auf die Fahnen geschrieben hat, entgenhalten: … „sich auf den Verfassungsauftrag zur Gewährleistung politischer Freiheiten zurück(zu)besinnen; die politischen Freiheiten sind der demokratische Grundbesitz des Bürgers. Das Grundgesetz ist sozusagen das Grundgesetz für politsche Freiheiten, damit auch für das Streikrecht. Diese Freiheiten müssen im Alltag fortwährend gesichert werden – ein permanenter Verfassungsauftrag an uns alle.“

Das schmale Heft von nur 42 Seiten hat es in sich und kann bei uns ausgeliehen werden.


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